
Jakobsweg: Ein Pilgerbericht der besonderen Art
Am Freitag, dem 24. Januar 2025, versammelten sich knapp 50 Interessierte in den Räumen der Kolpingfamilie, um einem ganz besonderen Vortrag zu lauschen: Andreas Antholzer erzählte von seiner Reise auf dem Jakobsweg, die er im vergangenen Jahr unternommen hatte. Der Vortrag, reich an persönlichen Eindrücken und faszinierenden Bildern, entführte die Besucher auf eine Reise, die nicht nur geografische, sondern auch tief persönliche Dimensionen hatte.
Symbolisch begann seine Pilgerreise am Ostermontag in der Stadt Burgos. Die ersten Herausforderungen standen bereits zu Beginn: Eine Busfahrt von mehr als 30 Stunden führte ihn an den Startpunkt seiner Reise. Doch schon bald nahm der Jakobsweg für ihn Formen an – ein Weg, der mehr ist als nur ein Wanderweg. Für den Referenten, wie für viele andere Pilger, ist der Weg nach Santiago de Compostela eine Reise zu sich selbst, ein innerer Prozess der Erkenntnis.
„Ohne ein persönliches Motiv macht sich niemand auf diesen Weg“, so Andreas Antholzer. Der Camino, so erklärte er weiter, ist ein „Seelenweg“. Seit dem 9. Jahrhundert pilgern Menschen aus ganz Europa auf diesem Weg, der auch als Initiationsweg von den Kelten genutzt wurde und Spuren von Römern und Mauren in sich trägt. Auch die moderne Kultur hat den Jakobsweg nicht vergessen: Durch die Berichterstattung von Hape Kerkeling in seinem Buch „Ich bin dann mal weg“ erlebte der Camino einen wahren Aufschwung. 2024 konnte der Jakobsweg mit einem Rekord von 500.000 Pilgern aufwarten.
Mit zahlreichen Fotos und Erzählungen nahm Andreas Antholzer das Publikum mit auf die Reise. Die Vielzahl an Eindrücken, die der Jakobsweg zu bieten hat, war in jeder Hinsicht spürbar – von den beeindruckenden Landschaften über historische Orte und Kathedralen bis hin zu Begegnungen mit Menschen, die die Reise begleiteten. In Rabe de las Calzadas begegnete er einer österreichischen Klosterschwester, die die Pilger in der Ermita Nuestra Senora del Monasterio herzlich empfing. Und auch die oft widrigen Wetterverhältnisse – Kälte und Regen – machten die ersten zwei Wochen der Pilgerschaft zu einer echten Herausforderung.
Besonders eindrucksvoll war für Antholzer, wie der Weg die innere Stimme der Pilger verstärkt hörbar macht. „In der Stille und Einsamkeit nimmt man sich selbst intensiver wahr“, erklärte er. Anfang April, als der Jakobsweg noch menschenleer war, hatte er die Gelegenheit, seine Gedanken in Ruhe zu ordnen und sich auf den inneren Dialog einzulassen.
Der Vortrag gab einen tiefen Einblick in die körperlichen und geistigen Herausforderungen, denen Pilger auf dem Weg nach Santiago begegnen. Von den mentalen Hürden in der Meseta – einer weiten, kaum belebten Ebene – bis hin zu den steilen Bergtouren, die den Pilgern alles abverlangen, war der Weg ein ständiger Spiegel des eigenen Lebens. Und dennoch: Immer wieder fanden sich Momente der Besinnung und der positiven Begegnung. So traf Antholzer etwa in Rabanal auf Bruder Cassian, der als Vertreter des Klosters Ottilien den Pilgern auf ihrem Weg beistand.
Die Route führte durch Orte von historischer Bedeutung wie Leon, Astorga und die Puente de Orbigo, die längste Brücke des Jakobswegs. Ein weiteres Highlight war der Besuch des Cruz de Ferro, einem symbolträchtigen Punkt, an dem Pilger traditionell ihre Lasten ablegen. Der Weg führte weiter über Ponferrada und das Weinbaugebiet El Bierzo, das durch die Reblausplage im 19. Jahrhundert stark zerstört worden war. Die Landschaften, die den Pilger begleiteten, waren ebenso beeindruckend wie die Orte selbst – darunter das Bergdorf O Cebreiro, das für seine historische Bedeutung als Wallfahrtsort und Museum bekannt ist.
Für Antholzer war der Abschluss der Reise besonders emotional. Nach 497 Kilometern Fußmarsch, vorbei an Eukalyptuswäldern und idyllischen Landschaften, erreichte er Santiago de Compostela. Der letzte Abschnitt führte über den Monte do Gozo, den „Berg der Freude“, von dem aus man bereits die Türme der Kathedrale in der Ferne sehen konnte. Der Empfang durch einen Dudelsackspieler und der mystische Schattenpilger am Portico de la Gloria – ein beeindruckendes Phänomen, das nur zu bestimmten Zeiten des Jahres zu beobachten ist – machten die Ankunft in der heiligen Stadt zu einem unvergesslichen Erlebnis.
Der Jakobsweg endete mit einer Besichtigung der Kathedrale von Santiago de Compostela, dem Reliquienschrein des Apostels Jakobus und einem Gottesdienst, bei dem zahlreiche Pilger und Besucher den letzten Teil ihrer Reise feierten. Für Andreas Antholzer war diese Pilgerreise nicht nur eine körperliche Herausforderung, sondern auch eine Reise zu sich selbst, die ihm neue Einsichten und eine tiefere Lebenszuversicht gab.
Am Ende des Abends gingen die Besucher nachdenklich und inspiriert nach Hause. Der Jakobsweg bleibt ein Weg der spirituellen und körperlichen Herausforderung – und für viele Pilger ein Weg, der das Leben verändert.